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Endlich Gesetz zur hybriden und virtuellen Mitgliederversammlung im Verein

Ausgangslage

Bislang waren nach § 32 BGB alle Mitgliederversammlungen und Vorstandssitzungen in Präsenz durchzuführen. Während der Corona-Pandemie gab es nun übergangsweise mit § 5 GesRuaCoVBekG eine Sonderregelung zur Ermöglichung digitaler Mitgliederversammlungen auch ohne Satzungsregelung. In Anlehnung daran hat der Bundestag am 9. Februar 2023 einen geänderten Gesetzesentwurf des Bundesrates (Drs. 20/ 5585) beschlossen und in § 32 BGB einen neuen Absatz 2 eingefügt. Der bisherige Absatz 2 wird damit zum Absatz 3. Die Vorschrift ist am 21.03.2023 in Kraft getreten.

§ 32 Abs. 2 BGB n.F.

„Bei der Berufung der Versammlung kann vorgesehen werden, dass Mitglieder auch ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen und andere Mitgliederrechte ausüben können (hybride Versammlung). Die Mitglieder können beschließen, dass künftige Versammlungen auch als virtuelle Versammlungen einberufen werden können, an der Mitglieder ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation teilnehmen und ihre anderen Mitgliederrechte ausüben müssen. Wird eine hybride oder virtuelle Versammlung einberufen, so muss bei der Berufung auch angegeben werden, wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können.“

Hybride Versammlung

§ 32 Abs. 2 S. 1 BGB regelt zunächst die Form der hybriden Versammlung. Hierunter versteht der Gesetzgeber eine Versammlung, an der die Teilnehmer sowohl präsent als auch durch digitale Medien teilnehmen können. Diese Form der Mitgliederversammlung ist nun ohne weiteres möglich.

Wichtig ist jedoch, dass die Art der Teilnahme dem Mitglied selbst obliegt und nicht vom Vorstand vorgegeben werden kann. Aus organisatorischen Gründen kann natürlich um eine Rückmeldung gebeten werden, ob eine Teilnahme online oder vor Ort beabsichtigt wird. Diese Rückmeldung darf jedoch nicht als bindend gewertet werden. Dem Mitglied steht bis zuletzt offen zu entscheiden, wie er an der Versammlung teilnehmen möchte.

Virtuelle Versammlung

§ 32 Abs. 2 S. 2 BGB bezieht sich dann auf die Form der virtuellen Versammlung. Hierbei findet eine Teilnahme nur noch rein digital und ohne einen Versammlungsort statt. Diese Form der Versammlung ist erst dann zulässig, wenn ein entsprechender Beschluss der Mitgliederversammlung gefasst wurde. In diesem Beschluss muss das Einberufungsorgan für die Zukunft ermächtigt werden einzelne oder alle künftigen Versammlungen als virtuelle Versammlung einzuberufen. Diese Ermächtigung kann per Beschluss auch wieder zurückgenommen werden.

Nicht klar geregelt ist, wie die gybride und virtuelle Mitgliederversammlung voneinander abgegrenzt werden. Wie bei einer Präsenzversammlung auch würde theoretisch die Anwesenheit von einem Mitglied ausreichen, während alle anderen Mitglieder virtuell zugeschaltet sind.

Digitale Teilnahme an der Mitgliederversammlung

§ 32 Abs. 2 S. 3 BGB gibt vor, dass bei der Einberufung einer hybriden oder virtuellen Versammlung die Mitglieder bereits informiert werden müssen, durch welche konkreten Mittel der elektronischen Kommunikation eine Teilnahme möglich ist. Damit soll den Mitgliedern ermöglicht werden, rechtzeitig vor der Versammlung zu prüfen, ob sie die technischen Voraussetzungen für die Nutzung benannten Kommunikationsmittel erfüllen oder noch weitere Vorkehrungen treffen müssen, um ihre Mitgliederrechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben zu können.

Vorschrift gilt auch für Vorstände und Stiftungen

Durch die Verweisungen in § 28 bzw. § 86 Abs. 1 BGB ist diese Vorschrift auch für Sitzungen von Vereinsvorständen und Stiftungsvorständen entsprechend anwendbar.

Gesetzesbegründung

Ziel des neuen Gesetzes ist es die Möglichkeiten der Vereine zu erweitern, die Art und Weise festzulegen, in der ihre Mitgliederversammlungen stattfinden sollen. Während der Pandemie habe sich gezeigt, dass sich die Teilnahmemöglichkeiten durch die virtuelle Mitgliederversammlung insbesondere für überörtlich sowie bundesweit organisierte Vereine deutlich verbessert haben. Kritiker der virtuellen Versammlungen führen an, dass diese Regelung negativen Einfluss auf die vereinsinterene Demokratie haben würde, da es schwieriger für Mitglieder sei spontan untereinander Mehrheiten zu organisieren.

Entgegen der ursprünglichen Gesetzesentwürfe wurde die Befugnis zur Einberufung einer hybriden Versammlung nicht explizit auf den Vorstand übertragen. Sie wurde vielmehr allgemein gehalten, sodass diese Möglichkeit jedem offensteht, der die Befugnis hat die Versammlung einzuberufen. Zwar ist für die Mitgliederversammlung oftmals der Vorstand das zuständige Einberufungsorgan, allerdings kann in der Satzung auch ein anderes Einberufungsorgan vorgesehen werden.

Eine zusätzliche Erleichterung sieht das Gesetz dahingehend vor, dass eine Teilnahme im Wege der elektronischen Kommunikation möglich ist und nicht nur in Form von Videokonferenztechnik. Damit ist eine Teilnahme per Chat, Telefonkonferenz oder Abstimmungen per E-Mail zulässig.

Neue Regelung für Vereine nicht realitätsnah

Der kritischen Auffassung dürfte es geschuldet sein, dass der Gesetzgeber die Entscheidung, ob eine rein virtuelle Versammlung einberufen werden kann, bei der Mitgliederversammlung und nicht dem Einberufungsorgan belassen hat. Dies hat zur Folge, dass die Versammlung, in der ein entsprechender Beschluss gefasst wird noch nicht rein virtuell stattfinden darf.

Die angeführte Kritik ist aus unserer Sicht nicht wirklich nachvollziehbar bzw. erscheint nicht zeitgemäß im Hinblick auf die fortschreitende Digitalisierung. Ziel der meisten Vereine dürfte es sein durch die virtuelle Versammlung mehr Mitgliedern eine Teilnahme zu ermöglichen und nicht möglichst viele auszugrenzen. Weite Anfahrtswege und auch der Bedarf an größeren Räumlichkeiten entfallen und daneben kann mittels einer virtuellen Versammlung deutlich spontaner reagiert werden.

Einzig vorstellbar ist eine Ausgrenzung für solche Mitglieder, die keinerlei Verständnis für digitale Medien haben oder solche, die örtlich bedingt eine schlechte Internetverbindung haben. Dies kann aus unserer Sicht die etwas umständlich geratene Regelung jedoch nur bedingt rechtfertigen. Die Durchführung einer virtuellen Mitgliederversammlung ist freiwillig. Der Bürger ist in der heutigen Zeit ein stückweit „gezwungen“ sich mit der Digitalisierung auseinanderzusetzen, ob er will oder nicht. Sofern ein Verein entsprechend schützenswerte Mitglieder hat, sollte er individuell darauf Rücksicht nehmen und entsprechende Vorkehrungen treffen.

Fakt ist, dass die Druchführung einer hybriden Versammlung organisatorisch oftmals deutlich schwerer durchzuführen ist, als eine rein virtuelle Versammlung. Bei einer hybriden Versammlung muss sichergestellt sein, dass alle Mitglieder, also sowohl die präsenten als auch die digital zugeschalteten, ihre Mitgliedschaftsrechte, d.h. entsprechende Rede-, Antrags- und Stimmrechte, vollständig ausüben können. Ohne besonderes technisches Equipment ist dies jedoch gerade nicht selbstverständlich, dass beispielsweise die Online-Teilnehmer alle Redebeiträge vor Ort eins zu eins mitbekommen und umgekehrt.

Unsere Empfehlung

Die neue Regelung wirft viele Fragen hinsichtlich der praktischen Umsetzung auf. Vorteil der Regelung ist, dass nun insbesondere kleineren Vereinen, auch ohne explizite Satzungsregelung, die Möglichkeit zu digitalen Versammlungen eröffnet wird. Dennoch empfehlen wir eine entsprechende Regelung in der Satzung zu treffen, die zu Ihrem Verein passt und etwaige Unsicherheiten beseitigt. Da es sich hierbei vielfach um eine grundsätzliche Entscheidung handelt, ist es aus unserer Sicht deutlich sinnvoller eine Regelung in der Satzung zu treffen statt einem „Vorratsbeschluss“ für die Zukunft zu fassen. § 32 BGB ist dispositiv ausgestaltet, somit können Sie in Ihrer Satzung die Voraussetzungen für die Teilnahme an hybriden oder virtuellen Mitgliederversammlungen selbst regeln oder auch ganz ausschließen.

Hinweis: Sofern Sie in Ihrer Satzung bereits Regelungen getroffen haben, die jetzt mit der
Änderung dem neuen § 32 Abs. 2 BGB entgegenstehen, sind diese nach § 40 BGB vorrangig zu beachten. Sofern Sie dies nicht wollen, müssen Sie auch hier eine Satzungsänderung vornehmen.

Wenn Sie eine entsprechende Regelung in Ihrer Satzung aufnehmen oder überarbeiten möchten, beraten wir Sie gerne!